Hohe Schafsverluste in Deutschland hängen mit der territorialen Ausbreitung der Wölfe zusammen, nicht aber mit einer steigenden Anzahl von Wölfen

30. Juni 2022

In einer aktuellen Studie* wurde untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Höhe von Schafsverlusten und der Anzahl von Wölfen in den verschiedenen Bundesländern in Deutschland gibt. Es konnte festgestellt werden, dass signifikant mehr Schafe in den nordöstlichen Bundesländern (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern) zwischen 2002-2019 getötet wurden als in den südlichen Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern). Die jährlichen Schafsverluste nahmen im Laufe der Zeit mit der Wiederbesiedlung der Bundesländer durch Wölfe zu, jedoch unabhängig von der steigenden Anzahl der Wölfe in bereits bestehenden Wolfsgebieten.
Wo sich Wölfe also das erste Mal ausbreiten, kommt es häufig zu Verlusten an Nutztieren, da bis dato Herdenschutzmaßnahmen nur unzureichend Anwendung fanden.

Es konnte eindeutig gezeigt werden, dass die Verluste von Schafen durch Wolfsangriffe nicht mit der Anzahl der Wölfe oder der Beutetiere zusammenhängen, sondern vom Bundesland, dem Jahr und der Anzahl von Schafen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zunahme der Schafsverluste durch Wölfe im ganzen Land gleichzeitig mit der Ausbreitung der Wolfspopulation - der Zunahme an Wolfsterritorien - erfolgt.
Des Weiteren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Schafe in Deutschland unzureichend und/oder ineffektiv geschützt werden und in schafreichen Bundesländern die Wahrscheinlichkeit, auf ein ungeschütztes Schaf zu treffen und es zu töten, höher ist.

Die Ergebnisse decken sich mit Studien über Wolfsübergriffe auf Schafe in Europa sowie Rinder und Schafe in verschiedenen US-Bundesstaaten. Die Verluste an Schafen verringen sich jedoch über die Zeit, aufgrund von Adaptionsstrategien der Raubtiere und der Reduzierung der Mensch-Wolf Konflikte. Da die Rückkehr der Wölfe in Deutschland noch relativ jung ist, wird erwartet, dass Schafsverluste mit der Zeit zurückgehen, wenn sich die Wolfspopulation ihrer Tragfähigkeit/Kapazitätsgrenze nähert und Landwirte ihre Tiere vor Übergriffen schützen. Die Etablierung von Wolfsterritorien und die beständige Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen führen daher zu einer Abnahme von Übergriffen auf Nutztiere.

Eine Bestandsregulierung verhindert nicht die territoriale Ausbreitung der Wölfe und verringert damit nicht das Risiko von Übergriffen.

Khorozyan, I. und Heurich, M. (2022): Large-Scale Sheep Losses to Wolves (Canis lupus) in Germany Are Related to the Expansion of the Wolf Population but Not to Increasing Wolf Numbers. Front. Ecol. Evol. 10:778917.

*https://doi.org/10.3389/fevo.2022.778917

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